Online-Trading: Zertifikate

Zertifikate haben sich in den letzten Jahren ihren Fixplatz in der Welt der Anleger erobert, in der es ja auch schon vorher keinen Mangel an Geldanlagemöglichkeiten gab. Welche Vorteile haben Zertifikate?

  • Man kann sich als Anleger aussuchen, mit welchem Risiko man in bestimmte Aktien, Indizes oder andere Märkte investiert. Diskontzertifikate haben beispielsweise eine Art Sicherheitspolster eingebaut, das vor Kursrückgängen bis zu einem gewissen Grad schützt. Garantiezertifikate haben überhaupt eine Latte nach unten eingebaut. Turbozertifikate "beschleunigen" den Kurs, wenn er in einer gewissen Bandbreite bleibt, während Optionsscheine überhaupt einen Hebel in eine Aktie oder einen Index einbauen.
  • Zertifikate sind mitunter die billigere Alternative gegenüber dem direkten Kauf von Aktien oder Fonds.
  • Man kann mit ihnen in Märkte investieren, in die man ansonsten nicht direkt oder zumindest nicht einfach oder billig anlegen kann, wie in Rohstoffe, Gold oder ausländische Währungen.

Nachteile haben Zertifikate im Wesentlichen drei:

  • Der Markt ist chaotisch und Zertifikate sind auf Anhieb nicht ganz leicht zu verstehen. Auf Internet-Seiten sind sie hingegen über Suchsysteme halbwegs einfach aufzuarbeiten und gut dokumentiert.
  • Es bleibt gegenüber Aktien oder Anleihen ein etwas größeres Bonitätsrisiko.
  • Steuerlich sind sie in manchen Fällen schlechter gestellt als Fonds, verstärkt durch eine große Unsicherheit, was eigentlich Steuersache ist.

Die Anbieter von Zertifikaten

Gleich zur Bonität, weil diese den wesentlichen Unterschied zwischen Zertifikaten und anderen Wertpapieren aufklärt: Zertifikate sind nur Vereinbarungen zwischen Ihnen und einer Bank, die diese Zertifikate emittiert hat. Wo haben Sie das schon gehört? Bei einem Sparbuch, dort ist es im Wesentlichen nicht anders, nur gibt es für Sparguthaben ein Übereinkommen aller Banken, dass sie gegenseitig einspringen, wenn eine Bank zahlungsunfähig wird.

Bei Zertifikaten gibt es das nicht. Sie geben der Bank Geld und die Bank verspricht Ihnen den Ertrag des Zertifikats. Dieses Manko wird nach menschlichem Ermessen aber dadurch wettgemacht, dass die Zertifikate nur von Banken mit sehr großer Bonität ausgegeben werden. International beispielsweise von ABN-Amro, UBS, Commerzbank, HSBC, ING, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Sal. Oppenheim. Umgekehrt formuliert florieren die Zertifikate ja gerade deswegen, weil ihre Emittenten als "too big to fail" gelten, also als "jenseits von Gute und Bö(r)se".

Zertifikate gibt es wie Aktien und Anleihen über Banken und Internet-Broker zum Kauf, wobei sie meist zum Unterschied davon mit einer Kauf-/Verkaufsspanne notieren. Man handelt nur gegen die Bank, die den Kurs nach Formeln von einem Computer laufend, sekündlich errechnen und aktualisieren lässt und der über das Internet stets abrufbar ist.

Kauf zum Fixkurs

Bei manchen Internet-Brokern hat man sogar den Vorteil, dass es Zertifikate bestimmter Anbieter gibt, die man wie ein Broker direkt zu einem vorgeschlagenen Kurs kaufen kann (z. B. jene von Citibank, RCB, Sal. Oppenheim, Goldman Sachs oder Commerzbank): Sie geben den Namen eines Wertpapiers ein, und der Computer sagt Ihnen einen Kurs, zu dem Sie für ein paar Sekunden lang sofort zuschlagen können: Sie klicken und "the deal is done".

Zertifikate sind so frei gestaltbar, wie das ein kreativer Aktienfondsmanager nicht einmal zu träumen wagt. Man kann zum Beispiel die Aktien von Silberminen kaufen und Silber dagegen leer verkaufen (nicht dass das viel Sinn hätte, aber es geht). Man kann immer die dividendenstärksten fünf Aktien aus dem Dow-Jones-Index kaufen und die fünf schwächsten Dividendenzahler dagegen leer verkaufen. Man kann Absicherungen und Garantien einbauen (eine der wichtigsten Arten von Zertifikaten). Man kann das Zertifikat so konstruieren, dass sich der Ertrag für den Anleger verdoppelt, wenn der Kurs von 32 auf 35 hochgeht (heißt Bonuszertifikate). Man kann festlegen, dass ein Anleger 100 Euro zusätzlich bekommt, außer eine bestimmte Aktie fällt unter 20 Euro (Knock-Out-Zertifikat). Man kann ... ja, was eigentlich nicht? Die Frage ist nur, was die Anleger als sinnvoll erachten.

Und da haben sich zwei Arten von sinnvollen Börsenvehikeln geformt, in die man alle Zertifikate einteilen kann:

1. Anlagezertifikate
2. Hebelzertifikate

Anlagezertifikate

Anlagezertifikate sind da, um längerfristig orientierten Geldanlegern neue oder kostengünstigere Möglichkeiten zu entfalten, während Hebelzertifikate spekulativ wirken: Setzt man als Anleger auf das richtige Pferd, geht damit so richtig die Post ab. Dazu aber später noch mehr, jetzt zu den verschiedenen Arten von Anlagezertifikaten.

Indexzertifikate

Die einfachste und billigste Form, alle Aktien an einer Börse repräsentativ zu kaufen, sind Indexzertifikate. Es gibt sie mit Laufzeit und mit unbegrenzter Laufzeit, und sie sind viel genauer als Fonds, da sie mit Futures und Optionen arbeiten können, während Fonds aufgrund der Wertpapiervorschriften die Aktien durchwegs direkt kaufen müssen.

Edelmetall- und Rohstoffzertifikate

Über Zertifikate können Sie den physischen Kauf von Gold, Silber und auch Öl abbilden, mit ganz klaren Vorteilen, da vor allem kaum mit Spesen und Mühen verbunden. Ein Ein-Unzen-Goldzertifikat ist beispielsweise jeden Tag genauso viel wert wie der Preis für eine Unze Gold, wie er überall verlautbart wird.

Quanto-Zertifikate

Sie können beispielsweise auch Gold auf Euro-Basis kaufen und an der weiteren Preisentwicklung in Euro teilhaben. Zertifikate, die das Währungsrisiko aus verschiedenen, normalerweise in US-Dollar notierten Anlagen rausnehmen, heißen Quanto-Zertifikat. Das hat auch bei Börsenindizes oder auch bei Einzelaktien seine Berechtigung.

Zins- und Währungszertifikate

Es gibt Zertifikate, mit denen man sich quasi ein Sparbuch in einer fremden Währung anlegen kann, das die Zinsen in dieser Währung bringt, aber natürlich auch dessen Währungsrisiko birgt.

Garantiezertifikate

Damit zu weiteren Zertifikaten, die nicht nur schwer zugängliche Märkte für Privatanlegern eröffnen oder billiger machen, sondern Sicherheitspolster zum Wertpapierkauf einbinden. Sie simulieren damit den Kauf einer Aktie oder eines Index, gleichzeitig wird Ihnen aber garantiert, dass der Wert Ihrer Geldanlage nicht unter den Einstiegspreis fallen kann oder sogar eine Mindestverzinsung für Sie von einem oder zwei Prozent rausschaut, wenn Sie das Zertifikat bis zum Ende einer Laufzeit behalten. So etwas gibt es natürlich nicht umsonst. Und es gibt verschiedene Arten, den Preis dafür zu bezahlen, jeweils verpackt in unterschiedlich komplizierte Konstruktionen. Ab hier kann es auch sehr kompliziert werden, und ohne die genaue Lektüre von Factsheet oder Verkaufsprospekten weiß man nicht genau, was man eigentlich kauft.

  • Variante 1: Als Preis dafür, dass es für Sie nicht nach unten gehen kann, geht es auch nicht voll nach oben. Sie partizipieren nur teilweise (z. B. Partizipationsrate von 70 Prozent) am Anstieg eines Index. Ist etwas aus der Mode gekommen.
  • Variante 2. Sie bezahlen die Sperre nach unten auch mit einer Sperre nach oben. Wenn die Aktie, der Aktienkorb oder der Aktienindex nach oben durch die Decke geht und die Börsenwelt jubiliert - Sie bleiben an Ihrer Decke. Im Fachdeutsch: Cap ist die Decke und Floor ist Ihr Garantieniveau.
  • Variante 3, Zusatz zu Variante 2: Ihr Gewinn verdoppelt sich, wenn die Aktie oder der Index bis zum Floor nach oben geht (die Kosten dafür: der Floor wird dadurch niedriger). Nennt sich dann Bonuszertifikat oder Sprintzertifikat und gibt es über diese Basisvariante hinaus in verschiedensten Ausformungen.
  • Variante 4 nennt sich auch Garantieanleihe, obwohl es genau genommen eine Art von Anleihe ist, wo weniger als üblich garantiert ist. Sie erhalten dabei garantiert beispielsweise eine 14prozentige Ausschüttung auf zwei Jahre. Dafür bezahlen Sie mit einem Abschlag, falls eine bestimmte Aktie (z. B. BMW) in zwei Jahren unter einem bestimmten Kursstichtag notiert.
  • Variante 5 ist wie Variante 4, nur komplizierter: Sie erhalten beispielsweise in jedem Jahr einen Ertrag von zehn Prozent gut geschrieben, in dem keine von zehn vorher bestimmten Aktien unter ein bestimmtes Kursniveau fällt. Das Ganze läuft dann sechs bis zehn Jahre, und jedes Jahr wird neu beobachtet, ob eines der zehn "Negerlein" zusammenbricht. Nicht ganz leicht zu durchschauen, aber wenn man es einmal hat, dann ist es ein ganz gutes Instrument für eine "ausgetrockente" Börsenphase, in der wenig Gefahr von Kurseinbrüchen droht.

Diskontzertifikate (Discount-Zertifikat)

Damit noch zu einem besonders interessanten und beliebten Anlagezertifikat: dem "Diskonter". So genannt, weil Sie damit eine Aktie oder einen Index billiger kaufen können als an der Börse, "Strike-Preis" genannt. Und der Preis dafür? Am Ende der Laufzeit erhalten Sie maximal einen bestimmten Betrag ausbezahlt, sie handeln sich also einen Cap ein. Diskontzertifikate gab es Mitte des ersten Jahrzehnts zu tausenden auf dem Markt.

Eine besonders interessante Strategie sind folglich Deep-Discount-Zertifikate. Je tiefer der Cap unter dem aktuellen Börsenkurs liegt, desto sicherer ist Ihr Ertrag, desto niedriger ist er aber auch.

Ihre speziellen Liebhaber finden auch die Rolling-Discount-Zertifikate: normale "Diskonter" haben den Nachteil, dass sie uninteressant werden, wenn sich die Kurse weit von Strike und Cap wegbewegen oder wenn sie einfach auslaufen. Die Rolling-Discounts legen ihrerseits laufend neu in "Diskonter" an, wo der Cap beispielsweise immer fünf Prozent unter dem aktuellen Börsenkurs liegt. Sie gewinnen also dann am meisten, wenn sich die Börse moderat bewegt oder überhaupt "nichts tut".

Hebelprodukte (Zertifikate mit Hebelwirkung)

Statt Polster gibt es auch Zertifikate mit Hebeln und Turbos und anderen eingebauten Werkzeugen, die sie dazu bringen, mehr Gewinn zu bringen als ihr Basispapier. Der Unterschied liegt immer auch darin, dass man mehr verlieren kann, ja selten sogar den gesamten Einsatz.

Bonuszertifikate

Eine Variante haben Sie vorhin bereits kennengelernt: Sie profitieren davon, dass das zugrunde liegende Wertpapier innerhalb einer bestimmten Bandbreite steigt, denn dann verdoppelt sich der Wert oder verdreifacht sich sogar.

Turbo-Zertifikate

Ähnlich wie die Bonuszertifikate, allerdings gibt es nach unten die so genannte "Barrier". Berührt der Kurs dieses Kurslimit oder geht er darunter, dann ist der Spaß zu Ende und man muss zu diesem niedrigen Kurs verkaufen. Anders ausgedrückt ist das ein Stop-loss-Limit, denn das hier ist nichts anderes als eine Spekulation a la Termingeschäft.

Knock-Out-Zertifikate

Es gibt auch noch die verschärfte Variante zum "Turbo". Die Barriere ist hier so etwas wie ein elektrischer Zaun: wer ihn berührt, ist tot, ausgestoppt, und das Wertpapier ist wertlos. Dafür ist die Barrier im Regelfall um etliches tiefer als jene bei den Turbos.

Spekulation auf fallende Kurse

Wie bei den Rohstoffen vorhin erwähnt, bieten Zertifikate auch die Möglichkkeit, auf fallende Kurse zu setzen, Put oder Short (statt Call oder Long für Spekulation auf steigende Kurse) genannt. Es gibt Puts auf fallende Währungen, auf einen fallenden Goldpreis, auf fallende Indizes und Aktienkurse und auch auf fallende Anleihenkurse. Wer jetzt auf die Idee kommt, dies doch als Absicherung für ein Aktiendepot verwenden zu wollen, sei gewarnt: die Spekulation auf fallende Kurse ist eine reine Spekulation. Damit haben viel mehr Menschen ihr Hab und Gut verloren als sonstwo (Intertrading mit dem Ölpreis 1986, Michael Berger mit Technologieaktien 2000, für Eingeweihte).

Optionsscheine

Für langjährige Börsenkenner ist es wahrscheinlich etwas frevelhaft, Optionsscheine hier in diese Kategorie reinzustellen und ihnen keinen eigenen Punkt zu widmen. Denn Optionsscheine gibt es länger, als es das Wort Zertifikat überhaupt.

Trotzdem gehören sie in der heutigen Börsenwelt hier rein: sie sind Zertifikate, die eine mehr oder minder starke Hebelwirkung im Vergleich zu ihrem Basispapier haben. Sie sind anders gesagt der Zugang für private Anleger zur Welt der Terminbörsen, wie sie im Teil über Hedge-Fonds beschrieben stand. Es gibt ein paar wichtige Eckpunkte eines Optionsscheines:

  • Welches Basispapier? Meist eine Aktie oder ein Index.
  • Zu welchem Kurs darf man kaufen? Entweder über oder unter dem aktuellen Kurs.
  • Wie lange läuft die Optionsfrist? Meist ein paar Monate oder wenige Jahre.

Optionsscheine sind faszinierend aber es bedarf einiges an Vorwissen und Erfahrung, bevor man sich hier rein wagen sollte.